Bastion Social startet in Lyon: Interview mit Steven Bissuel

Nicht erst seit dem Aufstieg der Identitären Bewegung und den Wahlerfolgen von Marine Le Pen ist Frankreich für die europäische Rechte ein gutes Pflaster. Das Land bietet schon seit Jahrzehnten vielfältige, attraktive, aber leider außerhalb der eigenen Staatsgrenzen meist völlig unbekannte rechte Denkschulen mit interessanten Ansätzen – auch für uns in Deutschland.

Aktuell sorgt die Groupe Union Défense (GUD) vor allem in Lyon für Aufsehen. Die 1968 gegründete Organisation mit akademischem und elitärem Anspruch wurde 2011 von Steven Bissuel wieder zum Leben erweckt und hat im vergangenen Mai mit einer Hausbesetzung im Herzen von Lyon für Schlagzeilen gesorgt. Mittlerweile hat die Polizei das leerstehende Haus wieder geräumt, aber das Projekt einer »Bastion Social« hat gerade erst begonnen. Was es damit auf sich hat, lest ihr in unserem Interview mit Steven Bissuel.

Salut Steven, in Lyon habt ihr vor kurzem ein Haus besetzt: Nicht nur symbolisch, wie es andere Aktionsgruppen machen, sondern um ein richtiges Zentrum entstehen zu lassen. Was hattet ihr mit der Bastion Social vor, was war die Idee hinter der Aktion?

Tatsächlich haben wir am 27. Mai in der 18 Rue du Port du Temple ein leerstehendes, der Stadt gehörendes Gebäude besetzt, um es zu renovieren und französische Obdachlose dort unterzubringen. Die Aktion war von einem reinen Medien-Coup weit entfernt und verfolgte ein konkretes, reales Ziel: Hilfsbedürftigen Franzosen ein Dach über dem Kopf zu bieten.

Der Staat weigert sich, seine Aufgaben zu erfüllen? Gut, dann stellen wir uns unserer Verantwortung und geben dem Volk das, was ihm rechtmäßig zusteht. Mit der Aktion wollen wir aber auch mit der abwartenden, passiven Haltung und der Vergangenheitsbezogenheit des »nationalen Milieus« brechen.

Die Bastion Social soll längst nicht nur ein regionales Phänomen bleiben, sondern ist berufen, in ganze Frankreich eine neue Bewegung zu werden. Motor dieser Bewegung soll das Prinzip solidarischer Besetzungen nach dem Lyoner Vorbild sein. Sie haben nun vielleicht eine Bastion Social geschlossen, aber hundert andere werden ihre Türen noch öffnen. Wir sind umso entschlossener, der Morgen gehört uns!

In Lyon soll die GUD und auch die IB über eigene Kneipen verfügen. Ist hier das »Viertel-Konzept« von CasaPound Vorbild? Ist Lyon die rechte Großstadt-Hochburg in Frankreich?

Wir verfügen in Lyon tatsächlich über ein Aktivisten-Lokal, nämlich den »Pavillon Noir«, der im letzten Oktober eröffnet wurde. Dieser nonkonforme Raum ist ein Ort der Konvergenz und der Vernetzung der lokalen Nationalisten. Er verfügt über eine angeschlossene Bar und beherbergt zahlreiche sportliche und kulturelle Veranstaltungen. Darüber hinaus gibt es in Lyon einen Filmclub, einen Konferenzkreis und eine Bibliothek, die uns nahestehen. Jede Woche werden in der Region Kampfsportveranstaltungen organisiert. Wir beginnen langsam eine Gegen-Gesellschaft zu kreieren, indem wir Räume und Initiativen schaffen. CasaPound ist dabei wirklich eine unserer Inspirationsquellen. Lyon mit seiner Tradition als aufsässige Stadt ist für uns in der Tat eine Hochburg und eine stete Quelle neuer Ideen.

Schaut man auf die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen scheint sich Frankreich hinter dem falschen Messias Macron zu versammeln. Was bedeutet die Wahl Macrons für eure Arbeit?

Der Sieg von Macron bedeutet einen Sieg für die Hochfinanz, die Großbetriebe und die unstete Welt der Entwurzelung, die wir bekämpfen. Auf jeden Fall glauben wir nicht an das Wunderheilmittel der Wahlen. Wir glauben nur an unsere eigenen Fähigkeiten, mit denen wir konkrete Lösungen finden können, die direkt die unmittelbare Realität von uns beeinflussen.

Macron ist für die EU: Wie steht ihr eigentlich zu den Themenkomplexen Europa und EU? Habt ihr ein gesamteuropäisches Konzept?

Wir lehnen die aktuelle, den Brüsseler Technokraten treu ergebene Europäische Union ab. Sie ist nur ein Zwischenschritt zum Weltbürgertum. Wir verurteilen aber ebenso den franco-französischen Mikrochauvinismus, der nur eine Form des Egoismus ist. Als Verteidiger der europäischen Zivilisation wollen wir ein anderes Europa schaffen – ein Europa der Nationen. Wir fühlen uns solidarisch mit allen Europäern, die mit uns kämpfen und arbeiten täglich daran, dieses neue Europa durch unsere kameradschaftlichen Verbindungen zu zahlreichen anderen europäischen Organisationen zu schaffen. Wir haben zum Beispiel zwei Jahre in Folge einen Kongress der europäischen Nationalen, zu dem aus ganz Europa und Südafrika Aktivisten kamen, organisiert.

Angeblich nennt ihr euch selbst »faschistische Gentlemen«. Stimmt das? Und wenn ja: Wieso? Wollt ihr an den Faschismus anknüpfen, oder vertretet ihr eine neue Politiklinie?

Die GUD-Aktivisten haben immer besonderen Wert auf Ästhetik gelegt. Berücksichtigt man zusätzlich den Erfolg unserer Aktivisten beim weiblichen Geschlecht, versteht man woher der Spitzname »faschistische Gentlemen« stammt. Was den Faschismus als Doktrin anbelangt, so halten wir ihn, in Anbetracht der zahlreichen sozialen Fortschritte, die er ermöglichte, für die interessanteste politische Erfahrung des 20. Jahrhunderts.

In der reichen französischen Tradition der politischen Rechten: In welcher ideenpolitischen Linie seht ihr euch verkörpert? Wo knüpft ihr an, was lehnt ihr ab? Wie steht ihr zu anderen Erscheinungen des rechten Lagers wie der Action française?

Unsere politische Linie ist nationalrevolutionär nach dem Begriffsverständnis, das François Duprat entwickelt hat. Wir sehen uns in einer avantgardistischen politischen Tradition, die deutlich mit der staubigen Reaktion und ihrer Nostalgie bricht. Unsere Nation wird kolonialisiert: Von oben durch die Oligarchie und von unten durch die Masseneinwanderung. Es ist dringend an der Zeit für eine Dekolonialisierung.

Was für Aktionsfelder siehst Du in Zukunft für die GUD? Was sind die größten Herausforderungen?

Die Bewegung Bastion Social wird als nächstes groß anlaufen. Die Besetzung in Lyon war der Anfang eines neuen Abenteuers. Wir sind es schuldig, Worten Taten folgen zu lassen und immer wieder die Grenzen des Unmöglichen zu sprengen. Europa schaut auf uns!

Keine revolutionäre Praxis ohne revolutionäre Theorie: Gibt es Zeitschriften, Zeitungen oder Verlage, denen ihr euch verbunden fühlt? Habt ihr ein theoretisches Standbein neben der GUD-Praxis wie in Lyon?

Es gibt in Frankreich zahlreiche Zeitschriften, deren Lektüre zur geistigen Entgiftung unverzichtbar ist. Zu ihnen zählen Réfléchir & Agir, éléments, La Nouvelle Revue d’histoire, die éditions synthèses nationales und viele weitere.

Das Interview führte und übersetzte Robin Classen.

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