Bürgermeisterin vs. CasaPound: Alberto Palladino im Interview

Anfang Juli berichtete John Hoewer auf unserem Weblog von der Entscheidung der Bewegung CasaPound Italia (CPI), zukünftig nicht mehr zu Wahlen anzutreten und stattdessen »eine Rückkehr zu den Wurzeln sowie zu den genuinen Aktivitäten und Betätigungsfeldern« zu forcieren. Heute, rund einen Monat später, gibt es erneut spannende Meldungen aus Rom. Der erbitterte Streit zwischen den Regierungsparteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung über den Umgang mit dem Hauptgebäude von CPI, das bis zu seiner Besetzung im Jahr 2003 lange leer stand, droht zu eskalieren. 

Wir haben uns mit Alberto Palladino, einem langjährigen Aktivisten von CPI, über die Situation in Rom und die mögliche Räumung der Via Napoleone III Nummer 8 unterhalten.

Alberto, Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi klopfte kürzlich an die Tür von CasaPound. Was war da los? 

Letzte Woche Donnerstag, gegen zehn Uhr morgens, stattete die Bürgermeisterin, Virginia Raggi höchstpersönlich, CasaPound einen Besuch ab. Begleitet wurde sie von einem kleinen Heer von Männern der Stadtpolizei sowie auch der Staatspolizei. Dieses Aufgebot hielt sie wohl für nötig, um ein Einschreiben der Stadtverwaltung zu übergeben, in dem die Beseitigung des Schriftzuges »CASAPOUND«, der über dem Eingang des Hauses angebracht ist, verlangt wird.

Lustigerweise konnte man Virginia Raggi tatsächlich und wortwörtlich dabei beobachten, wie sie an die schwere Tür im Untergeschoss klopfte. Sie schien die Klingel nicht zu finden. Habt ihr der Frau Bürgermeisterin trotzdem aufgemacht und konntet ihr mit ihr sprechen? 

Wir haben ihr aufgemacht und einige Aktivisten sind zu ihr gegangen, um ihr Schreiben in Empfang zu nehmen. Allerdings schien sie sich mehr dafür zu interessieren, für die anwesenden Kamerateams zu posieren, als sich etwa mit den Bürgern zu unterhalten, die in dem Haus leben. Natürlich haben wir die Aufforderung dann freundlich abgelehnt.

Auf welche rechtliche Grundlage bezieht sich die Bürgermeisterin mit ihrer Aufforderung, den Schriftzug zu entfernen? Immerhin handelt es sich bei dem Gebäude in der Via Napoleone III ja um ein »Bundesgebäude«, und nicht um ein Gebäude der Stadt.

Die Schrift außen an der Fassade ist jedoch eines der einzigen Dinge, die im Verwaltungsbereich der Stadt Rom liegen. So wie auch die Außenbeschriftung von Geschäften etwa in den Kompetenzbereich der Stadtverwaltung fallen. Die hat uns dann eine Strafe von 300 Euro aufgebrummt und die Entfernung des Schriftzuges innerhalb von zehn Tagen verlangt. Wie gesagt, das Gebäude selbst ist  im Besitz des italienischen Staates und liegt außerhalb der Verfügungsgewalt der Stadt. Der Akt um die Außenbeschriftung hat übrigens unter den Inhabern der unzähligen chinesischen Geschäfte im Viertel für einen gehörigen Schrecken gesorgt, von denen die meisten auch illegale Fassadenbeschriftungen angebracht haben. Aber die Bürgermeisterin will natürlich nur uns zu Leibe rücken.

Im Schlepptau der Bürgermeisterin sah man einige eher dubiose Gestalten rund um das Haus stehen. Wen hatte Virginia Raggi alles mitgebracht am Donnerstagmorgen?

Ach, einen ganzen Trupp, eine bunte Mischung aus Journalisten, Staatspolizei, Beamte des örtlichen Polizeireviers hier im Viertel, den Staatsschutz DIGOS und einige Beamte der Stadtpolizei. Alle wirkten etwas verwundert, dass sie nur angefordert wurden, um einen Brief zuzustellen, den normalerweise ein einzelner Beamter kurz abgibt. 

Wie gestaltete sich dieses Schauspiel? Gab es Aggressionen seitens der Polizei? 

Nein, Aggressionen gab es keine. Es war eher ein kleines Theaterstück, in dem die Bürgermeisterin sich live auf Facebook in Szene setzte und die Polizisten leicht beschämt danebenstanden. Ich habe dann die Annahme des Schreibens quittiert und bin wieder ins Haus zurückgegangen. Die Bürgermeisterin ist aber noch vor Ort geblieben, um ihre Show durchzuziehen. Dann ist sie abgezogen. Dummerweise lief gleichzeitig eine wichtige Rede des Staatspräsidenten im Fernsehen, weshalb die Bürgermeisterin wohl von ihrem eigenen Presseecho nicht ganz so begeistert war. Sie kehrte später tatsächlich noch einmal zurück, allerdings dann ohne richtigen Plan. Einer unserer Vizepräsidenten, Andrea Antonini, ist zu ihr runter und hat sie eingeladen, doch mal hochzukommen, um sich CasaPound selbst anzusehen und um mit den Bürgern zu sprechen, die im Haus leben.

Und, hat sie das Angebot angenommen?

Natürlich nicht, sie hat sich dann aus dem Staub gemacht.

Wie ging das Theater letztlich aus? 

Am Ende gab es eigentlich nur die besagte Geldstrafe und sonst nichts. Ich hoffe, dass sie uns nicht irgendwelche arglosen Handwerker vorbeischicken, die dann versuchen, den Marmorschriftzug vom Haus abzumontieren.

Welche weiteren Schritte der Symbolpolitik gegen CasaPound erwartet ihr seitens der Bürgermeisterin und der Stadtverwaltung in der Zukunft?

Wir rechnen eigentlich mit fast allem. Sie haben all diese Dinge gegen uns ja schon versucht, sogar im Parlament, wo ihr Antrag deutlich scheiterte. Sie machen sich eigentlich die ganze Zeit nur lächerlich mit ihren stümperhaften Versuchen, aber sie sind einfach verzweifelt. Und bei Verzweifelten muss man leider mit allem rechnen.

Nicht nur der Stadtteil Esquilino, sondern ja wirklich weite Teile der Stadt scheinen regelrecht in der Verwahrlosung zu versinken. Die Behörden sind im Dämmerschlaf, während allein rund um den Hauptbahnhof Rom-Termini der Drogenhandel floriert, um gar nicht erst von der Peripherie oder Vierteln wie San Lorenzo zu sprechen, in denen Kriminalität, »antifaschistische« Gewalt und Verfall zum normalen Alltag gehören. All die Wohnungsnot, die Vermüllung, die allgemeine Armut, all das sind ja unübersehbare Probleme, die jeden in Besorgnis versetzen, der die Stadt liebt. Wie erklärt ihr euch da diese Prioritäten seitens der Bürgermeisterin und der Stadtverwaltung?

Virginia Raggi ist womöglich die schlechteste Bürgermeisterin aller Zeiten, sie scheint die Stadt nicht zu verstehen und alles gleitet ihr aus den Händen. Rom ist völlig pleite, Ausländergangs überall, Drogenhandel, gewöhnliche Mafia, Müllchaos und so weiter. Sie will sich halt gegenüber der politischen Linken in ein gutes Licht stellen und die Regierung vorführen, daher all dieser Aktionismus gegen CasaPound. Es ist ein Versuch uns auf die Nerven zu gehen, uns zu provozieren. Sie hofft auf eine Gegenreaktion, auf die sie dann wieder einsteigen kann. Möglichst mit Gewalt, die sie als Grund anführen kann, das Haus aus Gründen der öffentlichen Ordnung räumen oder stilllegen zu lassen. Aber so blöd, darauf reinzufallen, sind wir halt nicht. Und auch die Bürger von Rom sind es gewiss nicht.

Unser Interviewpartner Alberto Palladino ist seit seiner frühesten Jugend Aktivist der Bewegung CasaPound Italia. Heute ist er außerdem als Reporter und Fotograf auf der ganzen Welt unterwegs. Er schreibt zudem für das Magazin Il Primato Nazionale und ist führender Kopf der europäischen Hilfs- und Freiwilligenorganisation Solidarité – Identités (SOL.ID).

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