Turnusgemäß zu den EU-Parlamentswahlen kommen sie alle wieder hoch: die Fragen zur gesamteuropäischen Integration. Wieviel Europa es denn sein darf, fragte sich kürzlich auch die CSU mit Blick auf das Verteidigungsressort. In einem Positionspapier fordern die Christsozialen eine EU-Armee. Bereits vor einem halben Jahr sprach sich der französische Präsident Macron für ähnliches aus, das Thema selbst geistert regelmäßig durch den Blätterwald. Ähnlich wie die kürzlich entfachte »Enteignungsdebatte« um Kevin Kühnert geht die Rechte bei derlei Vorstößen auf Distanz. Wieviel Europa darf, soll oder muss es denn im Militär sein?
Vom Kopf auf die Füße
Eigentlich sind die Voraussetzungen für eine Euro-Armee gar nicht so ungünstig: Der NATO-Standard hat die nationalen Armeen der (meisten) EU-Staaten ohnehin auf ein gemeinsames Niveau mit einheitlichen Normen gehievt und auch der (gut gemeinte) Impetus der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ist in manchen Ecken noch zu spüren. Fragt sich, warum das Projekt dennoch nicht richtig in Bewegung kommt. Der Grund dürfte derselbe sein, der auch die EU scheitern lässt (oder andersherum: die EU von Anfang an zum Scheitern verurteilt hat).
Die EU fremdelt nicht erst seit Kurzem mit unserem Europa, unserer Heimat, diesem Erfahrungsschatz und Hort unserer gemeinsamen Geschichte. Stattdessen wurde ein ausschließlich elitärer Selbstbereicherung dienender bürokratischer Apparat geschaffen, dem sämtliche Funktionalität, sogar oder gerade auf dem emotionalen Sektor, abgeht. Ein ähnlich blutleeres Schicksal träfe unweigerlich auch die EU-Armee und trifft bereits deren vorbereitende Projekte, ob Euro-Korps oder den Militärstab der EU. Das bedeutet nicht, dass die Idee einer Euro-Armee damit vom Tisch ist, denn die Probleme sind ebenso sämtlichen westlichen Armeen inhärent.
Demzufolge: Nur wer die Bundeswehr auf die Füße (soll heißen: auf den Kopf) stellt, kann mit ihr auch eine funktionierende Armee für Europa aufbauen. In gleicher Weise müssten dann sämtliche, an einem gesamteuropäischen Sicherheitskonzept interessierten europäischen Staaten ihre Armeen umkrempeln, neu aufbauen und dann unter einen gemeinsamen Generalstab stellen. Ebenfalls wie bei der EU scheitert es aber am Willen. Es geht also mitnichten darum, eine allumfassende Europa-Armee als universelle Behörde, als einheitliche Truppe von Lissabon bis sonst wohin zu schaffen, in der ein Spanier genauso gut seinen Dienst in Belgrad antreten kann und übermorgen zu einem Regiment in Berlin versetzt wird. Viel eher muss die von der neueren Rechten gepredigte Einteilung von Region, Nation und Europa sich auch in der Euro-Armee niederschlagen: Regional verankerte und sich aus der dortigen Bevölkerung rekrutierende Verbände bilden die Grundlage für die nationale Armee, die in sich selbst funktioniert und dann unter eine gemeinsame Führung gestellt wird.
Kehren wir also vorerst zu den Nationalarmeen zurück. »Wir Weicheier« ist eigentlich eine ziemlich treffende Analyse, mit der der Militärhistoriker Martin van Creveld in seinem gleichnamigen Buch sämtliche Armeen des Westens (d.h. im Wesentlichen die NATO-Streitkräfte) abstraft. Neben den zahlreichen Gründen, mit denen sich Creveld die militärischen Niederlagen von Vietnam bis Afghanistan erklärt, plagen die Bundeswehr noch einige spezifische Probleme, die der neueren rechten Politik als Leitfaden dienen könnten, anstatt einfach nur ständig eine Erhöhung des Wehretats, eine gelbe Schleife für alle und die Rückkehr der Wehrpflicht zu fordern.
Der Kampf als gemeinschaftliches Erlebnis
Quasi nicht vorhanden ist die gemeinsame Erzählung vom Kampf. Und damit meine ich jeden einzelnen Bestandteil: Es fehlt das gemeinsam, im Sinne einer (Kampf-)Gemeinschaft. Es fehlt die Erzählung, der Mythos, das Ethos des Soldatischen. Und nicht zuletzt fehlt der Kampf als sinnstiftendes Element, welches den Soldaten und der (v.a. der deutschen) Gesellschaft aberzogen wurde.
Die Innere Führung, gewissermaßen die Idee hinter der Bundeswehr, soll dies also verkörpern. Als Kopfgeburt und Kind der Erfahrungen einiger weniger Wehrmachtssoldaten aus Nationalsozialismus und Krieg kann sie naturgemäß nicht halten, was sie verspricht. Der durch sie verheißene »Staatsbürger in Uniform« existiert nicht, denn statt den Soldaten in die demokratische Gesellschaft zu integrieren, hat sie ihn ausgesondert. Nirgendwo sonst, auch nicht im Westen, sind die Soldaten entfremdeter von der Gesellschaft als hierzulande, nirgendwo ist der Krieg und alles, was mit ihm zu tun hat, dem Staatsbürger ferner als in der Bundesrepublik.
Die Lehre der Inneren Führung, die verhindern soll, dass nie wieder ein Machthaber deutsche Soldaten für sich instrumentalisiert, treibt hingegen ungeahnte Blüten. Man beruft sich einerseits auf die Tradition des militärischen Widerstands um Stauffenberg, doch verinnerlicht ist dieser Widerstand kein bisschen. Nicht zufällig war der Widerstand gegen Hitler im preußisch geprägten Militär am größten, da diese Auffassung von Standhaftigkeit und Rückgrat dort in die DNS eines jeden Offiziers eingeimpft war. In der Bundeswehr hat die Tradition des »Widerstands« lediglich dazu geführt, die stromlinienförmigste Armee zu erschaffen, die man sich vorstellen kann. Diese vorgebliche »Tradition« ist also nur ein politisch korrektes Konstrukt, um einerseits so etwas wie eine »Tradition« vorzugaukeln und andererseits nach außen zu signalisieren, dass Deutsche wieder Uniform tragen können, ohne dass jedermann sofort erzittern müsste.
Auch wurde eine Kultur der Kritiklosigkeit etabliert, die lediglich dem Zweck dient, nach oben möglichst gut auszusehen, um so dem Vorgesetzten wenig Ärger und Papierkram zu machen. Kritik, ob an der Rüstung oder an der Merkel-Regierung, kann schnell ins Abseits führen und das vorzeitige Karriereende bedeuten. In den hohen Stäben werden grundsätzliche Problematiken nicht mehr besprochen, da die Befürchtung besteht, die Staatssekretäre oder der Minister könnte den Überbringer schlechter Neuigkeiten schassen (man denke nur an General Günzel).
Dieses Primat der Politik, ein anderer Bestandteil der Inneren Führung, bedingt, dass an der Spitze des Militärs in Form des Verteidigungsministers zwangsläufig eine Person steht, die von Militär keinerlei Ahnung hat (aktuell hervorragend dargestellt von Ursula von der Leyen) und den Posten im Zweifel nur als Element der eigenen Machterhaltung und -vergrößerung sieht. Die Bundeswehr ist so zur Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln avanciert, sicherlich anders als Clausewitz sich das vorgestellt hat. In diesem Sinne lassen sich auch sämtliche Ausrüstungsskandale einordnen, die daher nachgeordnet betrachtet werden sollten, solange das Grundproblem weiter besteht. Was nun?
Auf der Suche nach Identität
Die Bundeswehr muss von Grund auf neu aufgebaut werden. Um bei der Analogie zur EU zu bleiben, könnte man überspitzt fragen, ob diese Bundeswehr überhaupt noch reformiert werden kann, oder man sie gänzlich abschaffen (und etwas Neues schaffen) sollte. Geopolitische und gesellschaftliche Aspekte einmal ausgeblendet, kommt es im Kern darauf an, ein neues Ethos für die deutschen Soldaten zu finden, der sich positiv ins europäische Gesamtbild einfügt. Dass der aktuelle Traditionserlass somit auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, ist nur eine Randnotiz. Soldaten benötigen einen Mythos, in den sie sich nahtlos einfügen können, der ihre Geschichte transportiert, der ihnen Tradition vermittelt und das Gefühl gibt, nicht allein zu sein. Naturgemäß verträgt sich das Soldatentum weder mit Diversity noch der Integration von EU-Ausländern in die Bundeswehr. Es verbietet sich sogar.
Ich habe den ganzen Morgen überlegt, woran mich das lustige Wimmelbild von @bundeswehrInfo erinnert. Jetzt ist es mir eingefallen. Ich glaube, @petertauber ist im neuen Job angekommen … 😀(Quelle: rechts: @CDU, https://t.co/kQEFiQ563z) pic.twitter.com/L1IzIGdHAb
— Robin Alexander (@robinalexander_) May 29, 2019
Sobald sich Europa erkennt, weiß, was es will, wohin es will und was es dazu braucht, kann oder viel eher muss eine Euro-Armee der Garant für Sicherheit, Wohlstand und Souveränität sein. Bis dorthin ist es ein langer Weg, auf dem erstmal die Köpfe der Europäer gewonnen werden wollen. Dennoch darf dies nicht dazu führen, dass der Blick getrübt und eine Euro-Armee von vorneherein ausgeschlossen wird. Die Schaffung einer wie auch immer gearteten Euro-Armee ist ein Imperativ, ohne die ein souveränes Europa nicht machbar ist. Dies sollte auch allen Bedenkenträgern gegen eine Euro-Armee und Nationalstaatsfanatikern zu denken geben, denn wer die gemeinsame Armee als Verteidiger der Souveränität ablehnt, nimmt implizit die Abhängigkeit von einer Schutzmacht in Kauf.
Dennoch sind auch die Vorstöße der Union, eines Macrons oder sonstiger Establishment-Politiker reine Makulatur, da die wahren Probleme der westlichen Militärkultur im Allgemeinen und der Bundeswehr im Besonderen nicht angegangen werden, entweder mit Vorsatz oder aus reiner Unkenntnis. Erschreckend simpel fällt auch Crevelds Fazit aus: Sollten die elementaren Probleme nicht angepackt werden (das gilt für seine Forderungen in »Wir Weicheier« gleichermaßen wie für die Schaffung einer Euro-Armee), so »werden wir uns wundern«. Denn die zahlreichen Feinde können sich den Märchenschlaf des Westens nicht leisten.
Was wir jetzt brauchen, ist
- eine Debatte darüber, ob die Bundeswehr reformiert werden kann oder aufgelöst werden muss, analog zur Debatte, ob die EU reformiert werden kann oder aufgelöst werden sollte.
- eine Debatte über ein neues Ethos für Europa und die Krieger, die es verteidigen werden, angefangen bei jedem Bundeswehr-Soldaten.
- eine Debatte darüber, wie sinnvolle Verteidigungspolitik auf Europa-Ebene aussehen kann. Das fängt bei geopolitischen Zielsetzungen an und hört bei konkreter Aufgabenverteilung bei der Strukturierung einer Armee auf.
(Autor: Volker Zierke)
Das gehört wohl in die Thematik „Fremdkontinentale Streikräfte“ über im Namen der Eurogendfor am kontinentaleuropäischen Bürgerobjekt, wie man im Falle dessen Aufstand selbigen niederschlägt. Warum über Türken, Kameruner und Kongolesen nicht in Afrika oder gar in der Türkei?
Derzeit sind 600 solcher „Kampfstrolche?“ , bezahlt indirekt oder direkt über die EU, befehligt von einem Eurogendfor-Colonel in NRW. Bundestagsabgeordnete sind als Beobachter im eigenen Land ( Verzeihung, laut Eunur noch eine Region) nicht zugelassen. Man bezeichnet das dann als Privatveranstaltung.
Immerhin hat es Berlin ganz gut geschafft die Rosinenbomberpropaganda kalt zu stellen. Auch die Amerika-Gedenkbibliothek heisst jetzt einfach nur ZLB. Und dem Wunsch auf eine Reaganstrasse wurde auch nicht entsprochen. Mal sehen, wann mal über die C.I.C. unserer Besatzer gesprochen wird. Solange gegen Deutschland offen spioniert wird, glaubt sowieso keiner, dass die Russen oder der Iran die grösste Bedrohung sind.
Die Bundeswehr sollte sich eigene Traditionen erfinden. Es wäre möglich eine preussische Grenadiermütze beim Wachbatallion einzuführen. Die DDR hatte einen positiven Bezug zu den Freiheitskriegen. Da ist noch eine ganze Menge möglich.
Die einfachste Lösung für eine EU Armee ist ein NATO Austritt der USA. Man soll die Art und Weise wie Trump für Europa arbeitet nicht unterschätzen.