Von rechts gelesen – Sendung 94 – Die Böhsen Onkelz: Soundtrack einer Generation

Keine gute Dorfparty ohne sie: Die Musik der Böhsen Onkelz war Begleiter, Mutmacher und Freund in unserer Jugend – und für viele auch ein Einstieg in eine „rechte Gesinnung“. Bis heute polarisieren die Böhsen Onkelz und sind doch immer die Band aus den Jugendtagen. Philip Stein und Volker Zierke blicken zurück auf ihre ihren ersten Kontakt mit den Onkelz, wohin das alles führte und was man daraus lernen kann.

Foto: Sven Mandel / CC-BY-SA-4.0

6 Gedanken zu „Von rechts gelesen – Sendung 94 – Die Böhsen Onkelz: Soundtrack einer Generation“

  1. Grüße.

    als 53 jähriger Zoni, welcher die Onkelz schon seit 35-40 Jahren scheiße findet, musste ich bei meinem letzten Ungarn Besuch Sommer1989, feststellen das die ganzen Plattenhändler in Budapest, und wir waren nur dort um Platten zu kaufen, plötzlich massenhaft Onkelz Platten im Angebot hatten. Daher meine These: ohne die Wende hätten die Onkelz 1990 nicht mehr existiert und wäre teilweise dem Heroin oder Suff zum Opfer gefallen, aber der nun vorhandene neue rießige Absatzmarkt in der Ex DDR , hat denen den Arsch versilbert und sie damit gerettet, ich lebe in einer Stadt mit 250000 Einwohnern im Osten und hier liefen nach 1990 die Onkelz rauf und runter in allen Kneipen, außer PC Kneipen, und die Onkelz wurden von allen gehört, egal wie man politisch stand, aber das ist im Osten eh schon immer schwammig, da wählen Rassisten die Linke und Sozialisten die AfD. Hardcore Nazis haben sich aber ziemlich schnell von den Onkelz abgewandt, da gab es dann doch andere Gruppen denen man sein Ohr lieh.
    LG Tilo

    P.S. wir durften damals für max.15 Tage Geld tauschen, pro Tag 20 DDR Mark, in Forint zum Kurs 1 : 6 und waren praktisch schon arm bei der Ankunft, schliefen draußen, sparten am Essen und kauften nur Schallplatten und fuhren pleite nach 3 Tagen wieder heim, hatten aber ca. 6 Westplatten.

  2. Ei Gude!

    Habe grade beim Kinderzimmer streichen euren interessanten Onkelz Podcast gehört. Im Großen und Ganzen sehe ich das ähnlich wie ihr. Vom wohl eher ungewollt „metapolitischen“ Erfolg (zu Gunsten der Rechten), bis hin zum einfachen Party-Mitgröhl-Gefühl.

    Jedoch muss ich sagen, dass ihr Frei.Wild etwas unrecht tut. In der Zeit wo die Onkelz nicht da waren, haben sie das kontroverse Vakuum gefüllt und sind zu einer zweiten, sehr wichtigen Größe im Deutschrock-Spiel gewachsen. Eben auf die eigene Art und Weise… etwas „punkiger“, sicher zuletzt auch kommerzieller und weniger Metal lästig.
    Aber, und das ist ein wichtiger Punkt im Vergleich zu den Onkelz: sie vermitteln ein positives Heimatgefühl!

    Ich bin jetzt kein Frei.Wild Fanboy der auf jedes Konzert fährt, dennoch habe ich einen nicht unbedeutenden Zeitraum mein Hirn mit diesen Heimatklängen beschallt.
    Fand es etwas schade, dass ihr sie auf „das Land der Vollidioten“ reduziert habt.
    Da steckt mehr dahinter!
    Wahre Werte, Südtirol, Rückgrat und Moral sollte man eine ehrliche Chance geben.
    Zumal es darüber hinaus endlos Hymnen und motivierende, ja treibende Lieder gibt… (das ganze Album) gegen Alles- gegen Nichts, tritt dir selber in den Arsch, Allein nach Vorn, weil du mich nur verarscht hast, nichts kommt schlimmer als erwartet… etc

    Benedikt kann euch ja mal als Frei.Wild DJ im Verlagshaus beschallen 😁
    Ansonsten hab ich mal eine Playlist gemacht (ohne Schnulzen)
    https://open.spotify.com/playlist/0dxjmfc5c7hpMKTrLtmTZi?si=57HamuueRq6kmgC2bOnQFw&pi=e-5L5AEHRzSm-8

    So, das musste ich mal loswerden.
    Dennoch, danke für eure verdammt Wertvolle Arbeit!!!

    Grüße aus Marburg
    Andreas Luzius

  3. Vielen Dank für diesen Podcast.

    Die BO wurden ja schon zuhauf (einseitig) besprochen, umso erfrischender Euer Ansatz.

    Ich bin Jahrgang 85 und mit den BO und den anderen einschlägigen Kapellen aufgewachsen. Glücklicherweise habe ich schon früh Vinyl gekauft und bin auf die überteuerten Bootlegs nicht angewiesen die in den Auktionshäusern landen oder die Originale zur Verbrennung freigegeben sind.
    Nach 15 Jahren Abstinenz besuchte ich das BO Konzert in Erfurt 2022 (Verlegt vom 2020 und 2021 dank Corona). Ich dachte erst ob ich mich da überhaupt noch zurechtfinde, mein Kollege war kurzfristig krankheitsbedingt abgesprungen und ich habe das Ticket zum Einkaufspreis vor der Messe an eine überglückliche Frau abgegeben. Da ich mich zu lange am Bierwangen vorbreitet hatte verlor ich die getroffenen bekannten Gesichter und verpasste den Start des Konzerts. Mit frischem Köstritzer Bier konnte ich mich gerade so noch in den Eingangstunnel der Halle quetschen, den eine gestiefelte Gruppe Ü50er in Klorix-Hosen + Hosenträgern besiedelte. Das dritte Lied war der Der Nette Mann, spätestens jetzt waren alle das erste Mail biergeduscht und es sollte eines der schönsten Konzerte (und da gabs einige) in meinem bisherigen Leben werden. Noch nie hatte ich mich unter Fremden so zuhause gefühlt. Eine Erfahrung, die mich oft noch beschäftigt, wenn ich mal eine Onkels Scheibe höre.
    Ein Podcast über DG wäre sehr interessant, da Koroschetz Musikalisch und Textlich für mich einige Alleinstellungsmerkmal im rechten Rock-Spektrum aufweist.

    Grüße aus Thüringen und macht weiter so, tolles Format.
    Andreas

  4. Persönlich kann ich das Stadt Land Gefälle bestätigen, ich habe in der Stadt eigentlich nie jemanden getroffen, der diesen postpubertären Rebellenrock gehört hat. Da ging man halt in Clubs und nicht zum Feuerwehrfest. Onkelz war wirklich, zum größten Teil, so ein Dorf Ding. Das lustige ist aber, die hatten doch schon 1994 als sie mit Sven Väth in Goa gefeiert haben, nichts mehr mit Ihrer „Family Fanbase“ gemein. Tilo hat da schon recht, es waren die Ossis, denen sie ihren Erfolg zu verdanken haben und über den Umweg Ost, fanden sie dann auch Ihren Weg zum Dorffest West.
    FunFact: Sie sind in Rente gegangen, als der seinen CC in Frankfurt aufgemacht hat, wie der Club 2012 in die Insolvenz ging, kam das BO Comeback…ist da jemandem die Altersvorsage weggebrochen? Immerhin sind ja mehr als 10 Mill € dort versenkt worden…

  5. Ein interessanter Einblick in ein mir praktisch völlig unbekanntes Kulturphänomen. Danke dafür. Als Anschlussthema würde ich vorschlagen, dass ihr doch einmal mit Martin Lichtmesz über die Schwarze Szene reden könntet.

  6. Rechte Musik, das waren für uns anfangs selbstgebrannte CDs und Mp3-Dateien, deren Tonqualität massiv komprimiert wurde, damit sie über die Schneckenspuren des gerade erst populär gewordenen Internets transportierbar waren. Der Telekomtarif wurde pro Minute berechnet und das 56K-Modem krähte dazu sein eigenes Lied.
    Tatsächlich angefangen hat aber alles mit dieser einen Onkelz-Kassette. Schon mehrfach überspielt rumpelten darauf die Lieder des ersten Albums und die berüchtigten Demoaufnahmen aus den frühen Achtzigern. Das alles lag zur damaligen Zeit natürlich schon mehr als eineinhalb Jahrzehnte zurück und die Band hatte sich deutlich von ihrem Frühwerk distanziert. Ob es am medialen Framing lag oder daran, dass ihre Texte weiterhin eben nur vermeintlich apolitisch waren, verstanden wir die Onkelz trotzdem immer irgendwie als rechts. Wirklich prägend waren sie dennoch nicht. Auch wenn ihre Lieder wahrscheinlich auf den Feiern jener Zeit gelaufen sind und ich mehrere Alben besessen hatte, kann ich mich heute an keinen einzelnen Text erinnern und verbinde mit der Musik eigentlich auch nichts. Bald kursierte die nächste Kassette, die einer auf dem Dachboden in einer Kiste entdeckt hatte. Landser und ähnliches lief eine gewisse Zeit lang tatsächlich bei privaten Feiern und Treffen rauf und runter (Vorort in Westdeutschland, um die Jahrtausendwende, überwiegend Lehrer- und Unternehmersöhne). Einen nicht unwesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Schule, dessen sozialdemokratisch geprägte Lehrerschaft viel Unterrichtszeit darauf verwandte, über die vielfältigen Gefahren des Rechtsextremismus aufzuklären. Wir bekräftigten sie in ihrem Bildungsauftrag und recherchierten immer neue Bands, um diese dann unter heimlichen Grinsen im Klassenzimmer vorstellen zu können.
    Küchenpsychologisch lässt sich der Reiz dieser und ganz anderer Musik vermutlich mit allgemeinen pubertären Bedürfnissen nach Grenzüberschreitung, Zugehörigkeit, Emotionalität und Orientierung erklären.
    Was meine kleine Anekdote betrifft ist aus der Begegnung mit dieser Art von Musik, zumal in den sogenannten bleiernen Jahren, politisch nichts Produktives erwachsen und ich hätte im Nachhinein gern auf manchen Irrweg verzichten mögen. Es ist wohl keine allzu steile These, dass die „Alte Rechte“ ihr Fortbestehen in Deutschland fast ausschließlich der Rechtsrockszene verdankt. Also von dem Anziehungsfaktor unter Jugendlichen und der musikalischen Perpetuierung ihrer Inhalte lebt. Politisch ist das ein nicht zu unterschätzendes Problem, weil die transportierten Parolen – wie dumm und überkommen sie auch sein mögen – gerade in pubertierenden Hirnen stark internalisiert werden. Es wäre fruchtlos, an dieser Stelle die Fehlstellen neurechter Gegenkultur zu beklagen. Ein tatsächliches Versäumnis sehe ich dagegen auf theoretischer Ebene – vor allem in den jüngst zurückliegenden Jahren – in der mangelnden ideologischen Auseinandersetzung mit der „Alten Rechten“. Hier ist nach meiner Wahrnehmung zu viel Ambiguitätstoleranz entstanden, die in Verbindung mit dem Druck des politischen Gegners gerade in der jüngeren Generation ein undifferenziertes und langfristig sehr ungesundes politisches Selbstverständnis produziert. Es versteht sich von selbst, dass es kein Einknicken vor den Angriffen des Gegners und keine Distanzieren um des Distanzierens geben darf. Dennoch braucht es eine Akzentuierung des eigenen Standpunkts, die vor allem im eigenen Lager intensiv kommuniziert werden muss; denn nichts wäre der Gegner lieber, als rechte Politik wieder in die Schmuddelecke der neunziger Jahre zu prügeln.
    Aktuell erlebt beispielsweise der NS-Skinhead unter Jugendlichen eine unerwartete Renaissance; mit Stiefeln, 86a-Symbolik und Musik der Böhsen Onkelz.

    Vielen Dank für die Reise in die Erinnerungsgasse. Der Szenepodcast hat seinem Namen alle Ehre gemacht.

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