Aktivisten der Bastion Social besetzten am vergangenen Donnerstag zwei historische Häuser in der elsässischen Gemeinde Enzheim, um gegen die fortschreitende Zerstörung des regionalkulturellen Erbes zu protestieren.
»Angesichts der fortschreitenden Zerstörung unserer Identität und unseres kulturellen Erbes, angesichts des kapitalistischen Megakomplexes und seiner zerstörerischen Logik, haben wir uns entschieden, zu handeln«, heißt es in der Pressemitteilung.
Mehr als zwanzig Aktivisten besetzten deshalb am 14. Februar zwei baufällige Häuser im Zentrum der kleinen Gemeinde südwestlich von Straßburg. Doch die Entscheidung fiel nicht willkürlich: Seit mehr als dreihundert Jahren prägen die Gebäude das Bild des Ortes Enzheim. Jetzt sollen sie, dem Verfall ausgeliefert, durch profitable Neubauten ersetzt werden – zumindest wenn es nach Jean Humann geht. Humann ist seit 2008 Bürgermeister der Gemeinde und als solcher für den Gemeindebesitz verantwortlich.
Seit Jahren wächst im Umland von Straßburg die Nachfrage nach Wohnraum – die Preise steigen. Ursächlich dafür ist auch der nahegelegene Flughafen, der seit 2017 beständig erweitert wird. Die Ökonomisierung des kulturellen, vor allem architektonischen Erbes im Elsass hat jedoch auch Schattenseiten: die Häuser verfallen, jahrhundertealte Gebäude werden abgerissen und durch modernistische Einheitsbauten ersetzt, Dorf für Dorf fällt der Marktlogik anheim. Und das, obwohl Renovierung nicht selten günstiger ist – doch für Investoren ist diese Option unattraktiv. 500 traditionelle Häuser sollen so Jahr für Jahr still und heimlich verschwinden und mit ihnen die bewegte Geschichte des Elsass und seiner Bewohner. Sie machen Platz »für neue Beton-Landschaften, trist, monoton und einheitlich«.
»Das ist die Logik der Rentabilität, des Profits, die Logik des Kapitals. Die gleiche Logik, die billige Arbeitskräfte importiert, beliebig formbar, beliebig belastbar. Es ist auch dieselbe Logik, deren Mechanismen Tag für Tag immer mehr Franzosen prekarisiert.«
Die Sympathien der Einwohner haben die Aktivisten jedenfalls sicher. Dennoch ist unklar, wie lange die Besetzung von staatlicher Seite geduldet wird. Immerhin: Das französische Recht lässt viel Spielraum. Nur innerhalb der ersten 48 Stunden dürfen besetzte Gebäude umgehend geräumt werden. Ist diese Zeitspanne verstrichen, muss der Besitzer den Rechtsweg beschreiten – ein Prozess, der sich über Monate hinziehen kann.
Zeit, die die Besetzer nutzen wollen. Sie haben bereits mit der Renovierung der Gebäude begonnen. Und das obwohl einer der Aktivisten meint: »Wir glauben nicht, dass wir die Häuser länger als zwei bis drei Wochen halten können.« Es gehe um den Erhalt des heimatlichen Erbes und darum, zu zeigen, dass es Alternativen zur Zerstörung regionaler Architektur gibt. Auf diese Weise soll Raum geschaffen werden »für die Schwächsten der französischen Gesellschaft«.Gegenüber dem alternativen Nachrichtenportal Alsace-Actu meint Valentin L., Chef der Bastion Social in Straßburg, man wolle das Gebäude soweit renovieren, um »französische Obdachlose unterzubringen«.
Frankreich kämpft seit Jahren mit sozialen Problemen. Masseneinwanderung und soziale Erosion bedrohen die staatliche Integration. Vor allem abseits der Metropolen drohen Verwahrlosung und Verfall. Die um sich greifende architektonische Uniformierung ist gleichbedeutend mit der Zerstörung des kulturellen Erbes. Ob es den Aktivisten in Enzheim gelingt, den Bürgermeister zum Handeln zu bewegen, ist ungewiss. Doch ein Anfang ist gemacht.
Bastion Social gibt damit – ähnlich wie CasaPound und Hogar Social – einen inhaltlichen Kurs vor, der auch in Deutschland von Jugendbewegungen endlich ernsthaft diskutiert werden sollte: Die sogenannte Soziale Frage zu einem Mittelpunkt der eigenen Arbeit zu machen.
(Autor: Arndt Novak)