Wenn im September 2022 mit »The Rings of Power« eine neue Serie aus dem Herr-der-Ringe-Universum erscheint, dann können wir davon ausgehen, dass Amazon damit den politischen Kompass der Welt von Mittelerde ordentlich auf »links« dreht. Denn dann treffen schwarze Quotenfrauen und politisch korrekte Elben auf das reaktionäre Erbe des Schöpfers J. R. R. Tolkien.
Anlässlich des kürzlich erschienenen, ersten aussagekräftigen Trailers zur Amazon-Serie haben wir mit dem belgischen Althistoriker Prof. Dr. David Engels über die multimediale Ausschlachtung von Mittelerde gesprochen.
Engels lehrt seit 2018 im polnischen Posen und hat sich dort auf »Fragen abendländischer Geistesgeschichte, europäischer Identität und polnisch-westeuropäischer Beziehungen« spezialisiert. Nicht zuletzt deswegen ist er auch ein ausgewiesener Kenner des Werks von Tolkien.
Lieber Herr Engels, warten Sie genauso sehnsüchtig wie wir alle auf die neue Amazon-Serie »The Lord of the Rings: The Rings of Power«? Warum?
Absolut. Bereits die Verfilmung des Herrn der Ringe und des Hobbits hatte ich mit großer Neugier erwartet, und da ich persönlich die Erzählungen des Silmarillion als den interessantesten Teil des Tolkienschen Werks betrachte, kann man sich meine Spannung sehr gut vorstellen. Gleichzeitig ist mir natürlich bewusst, dass die gegenwärtige ideologische Stimmung wohl kaum eine Verfilmung ermöglichen wird, welche dem Geist Tolkiens gerecht werden wird; in die Spannung mischt sich also bereits jetzt ein Gutteil Furcht, welche durch die bislang durchgesickerten Informationen zunehmend bestätigt wird …
Was erwarten Sie sich nach dem Genuss des ersten Trailers von der Serie?
Mittlerweile befürchte ich wie viele andere, dass man von der geplanten Serie wohl nur das »Making-Of« mit einer gewissen Befriedigung ertragen werden kann, nicht aber die Serie selbst. Diese scheint nur wenig mit den tatsächlichen literarischen Vorgaben zu tun zu haben und die gefürchtete Politisierung in so holzschnittartiger Weise durchzusetzen, dass man sich wohl von der ersten bis zur letzten Minute ärgern wird. Schwarze Elben, Zwergenköniginnen, starke emanzipierte Heerführerinnen, eine völlig irrsinnige Kondensierung der jahrhundertelangen Chronologie Tolkien auf einige wenige Jahre, die Einführung zahlreicher nicht kanonischer Charaktere – all das lässt wohl das Schlimmste erwarten.
Amazon adaptiert den Stoff, der zeitlich »vor« den Herr der Ringe-Büchern spielt – wobei die Betonung auf »adaptieren« liegt. Wie weit darf man einen Ursprungsstoff verändern? Es gibt ja viele Adaptionen, »Remakes«, wie auch immer, die durchaus ihren ganz eigenen Charme haben, man denke nur an »Für eine Hand voll Dollar«, »Scarface« etc.
In der Tat ist es nur logisch, dass beim Übergang vom geschriebenen Wort zum Film gewisse Freiheiten genommen werden müssen, um die literarische Vorlage an das ganz anders geartete Medium zu adaptieren. Dies bedeutet aber noch nicht unbedingt einen Verrat am Geist der Vorlage. Der in der Verfilmung des Herrn der Ringe gefundene Kompromiss war recht akzeptabel (bis auf einige Ausnahmen wie die fehlende Episode um den Alten Wald und Tom Bombadil sowie natürlich die eigentlich fundamentale »Säuberung des Auenlandes«). Doch bereits der »Hobbit« war in filmischer Hinsicht eine Katastrophe, war die literarische Vorlage doch erheblich kürzer und simpler als der Herr der Ringe, sollte aber in vergleichbarer epischer Länge dargestellt werden, so dass man sie um unzählige Action-Elemente anreichern musste.
Wo man beim »Herrn der Ringe« daher noch den Eindruck einer Narration hatte, die aus dem Vollen schöpfte, ergibt sich beim »Hobbit« der Eindruck permanenter Füllelemente, welche die eigentliche Handlung erdrücken. Dies wird wohl bei den Erzählungen um das Zweite und Dritte Zeitalter Mittelerdes noch schlimmer ausgeprägt sein, umfassen diese doch literarisch nur wenige Seiten und müssen daher notgedrungen mit zahlreichen neuen Personen und Handlungen aufgefüllt werden, für die es keinerlei Vorbilder bei Tolkien gibt. Dazu bedürfte es eines geradezu kongenialen Geistes, ganz zu schweigen von der großen Schwierigkeit, den »biblischen« Erzählstil des Silmarillions und den großartigen metaphysischen Gehalt der Tolkienschen »Sekundärschöpfung« einzufangen – eine Erwartung, die sich wohl kaum erfüllen lassen wird.
Was ist der Ursprungsstoff des Universums um den Herrn der Ringe? Was ist die Essenz, die unverwüstlich bleiben muss?
Die eigentliche Essenz des Tolkienschen Universums ist – jedenfalls für mich – das permanente Streben des wahren Helden nach dem Wahren, Schönen und Guten, das allerdings aufgrund der Unzulänglichkeit aller irdischen Geschöpfe letztlich zum Scheitern verurteilt ist, wenn es nicht in letzter Sekunde von oben mit den Sieg belohnt wird – freilich ein bittersüßer Sieg, ist dieser doch immer verbunden mit der Einsicht, den Erfolg als Gnade, nicht aber als Anrecht errungen zu können. Der Sieg des Tolkienschen Helden ist daher auch nur eine Belohnung seines Strebens, nicht aber das unmittelbare Resultat der eigenen heroischen Tat – ein zutiefst christlicher, ja genuin katholischer Gedanke, der freilich den in Hollywood üblichen Konventionen zutiefst entgegengestellt ist.
Ein weiterer Punkt wäre die typisch Tolkiensche Vorstellung von Ästhetik, welche ebenfalls tief begründet ist im christlichen Gedanken von der epigonalen Natur einer jeden Zeit: Im Vergleich zu der anfangs geschaffenen Schönheit der Welt ist jede weitere Epoche mitsamt ihrem Schaffen von Abfall und Niedergang geprägt, trägt dafür aber zunehmend ihren Wert in dem mit diesem Prozess verbundenen Leiden und unterliegt somit trotz aller Nostalgie einem Prozess der Vergeistigung; ebenso, wie ja auch der Kampf zwischen Gut und Böse, der ursprünglich durch verschiedene real existierende Mächte wie Götter und Ungeheuer verkörpert wird, sich zunehmend in jenen Konflikt zurückzieht (bzw. erhoben wird), der im Inneren der menschlichen Seele tobt. Jene nicht nur konservativen, sondern wahrscheinlich sogar zutiefst »reaktionären« Gedanken sind natürlich der klassischen amerikanischen Ästhetik, welche auf Quantität, Fortschrittsgläubigkeit und dem naiven Menschenbild des »American Dream« beruht, zutiefst fremd … und der gegenwärtig herrschenden kulturmarxistischen Ideologie sogar in jedem einzelnen Punkt diametral entgegengesetzt.
Warum hat man sich bei Amazon überhaupt an den Herr der Ringe-Stoff gewagt?
Ich vermute drei Gründe. Zu einem fällt die Produktion der Serie zusammen mit dem Tod Christopher Tolkiens, der bis dahin das Erbe seines Vaters verwaltet und weitgehend gegen alle Versuche einer Verzerrung verteidigt hat. Es scheint, dass das »Tolkien Estate« nach seinem Tod eine erheblich liberalere Haltung eingenommen hat, sicherlich nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus.
Das führt uns bereits zum zweiten Punkt, nämlich der Erwartung, dass aufgrund des gigantischen Erfolgs der früheren Verfilmungen Tolkiens wie auch der Serien um Martins Game of Thrones oder Sapkowskis Wiedźmin (»The Witcher«) eine ziemliche Gewissheit besteht, aus einer neuen Adaption Tolkienscher Stoffe größeren finanziellen Gewinn zu ziehen.
Und ein dritter Aspekt dürfte sicherlich in der bis heute andauernden Faszination Tolkiens liegen, welche schon immer zahlreiche Filmemacher angezogen hat und ehrlicherweise wahrscheinlich auch bei einem Teil der Initiatoren der Amazon-Serie vorauszusetzen ist, wenn man auch Zweifel hegen darf, inwieweit die Begeisterung für den Stoff auch tatsächlich verbunden ist mit dem Verständnis des Geistes, der ihn durchweht und zusammenhält.
Nicht nur Amazon scheint zugunsten »politischer Korrektheit« auf mögliche höhere Umsätze zu verzichten. Auch Marvel, Star Wars uvm. beugen sich in letzter Zeit den »Erfordernissen« der Zeit – und stoßen so vielen eingefleischten »Fans« vor den Kopf. Viele derartige Projekte waren – auch finanziell – eine Bauchlandung. Wie erklären Sie sich dieses Verhalten? Immerhin handelt es sich hier um die »Big Player« auf ihrem jeweiligen Gebiet, denen es eigentlich vor allem um Geld gehen sollte …
Der faktische Druck politischer Korrektheit ist mittlerweile so groß geworden, dass alle kulturellen Projekte, welche sich den Vorgaben der neuen hegemonialen Ideologie entziehen wollen, weitgehend zum Scheitern verurteilt sind oder doch reine Nischenprodukte bleiben müssen. Wer die entsprechenden positiven Kritiken seitens der Medien und die üblichen Filmpreise innerhalb des sehr kompetitiven und gleichzeitig egalitären Rahmens der modernen Filmindustrie erlangen will, muss sich diesem Diktat wohl oder übel unterwerfen.
Gleichzeitig wird man aber auch bei zahlreichen der Gestaltern der neuen Amazon-Serie eine echte, wenn auch fehlgeleitete Überzeugung unterstellen müssen, das Richtige zu tun, indem sie die scheinbar »altmodischen« Aspekte der Tolkienschen Welt den »Erwartungen« der scheinbar aufgeklärten Gegenwart anpassen. Mancher glaubt vielleicht sogar ganz ehrlich, Tolkien einen Gefallen zu erweisen, indem er den angeblich »wichtigen« Gehalt seiner Erzählungen durch Anpassung an die Vorgaben der Modernität »rettet« und die Geschichte so erzählt, wie Tolkien sie vermeintlicherweise heute erzählen würde …
Faktisch geschieht natürlich das genaue Gegenteil: Tolkien lässt sich nicht als einfacher Erzähler von Geschichten abtun, die es in einem immer neuen Gewand zu präsentieren gilt, sondern er war schon in seiner eigenen Epoche ein zutiefst konservativer, unzeitgemäßer, reaktionärer Autor, wie er selber wohl wusste und regelmäßig auch zugab. Tolkiens Weltanschauung ist also nicht nur eine bloße, akzidentelle Zutat zu seinen »Geschichten«, ganz im Gegenteil ist es so, dass die »Geschichten« selbst nur die Auskleidung einer ganz spezifischen seelischen Grundausrichtung sind. Respektiert man lediglich Tolkiens Handlungsstränge, passt diese aber an die normativen Erfordernisse der zeitgenössischen politischen Stimmung an, mag das Resultat oberflächlich vielleicht tatsächlich an das Silmarillion erinnern, dessen echte Seele aber verraten haben.
In Polen ist die Gesellschaft, jedenfalls im Vergleich zu Westeuropa, konservativer strukturiert. Für wie wahrscheinlich halten Sie es daher, dass der – durchschnittliche – polnische TV-Konsument und Tolkien-»Fan« sich als immun gegenüber »woken« viralen Infekten zeigt? Oder ist auch zwischen Posen und Warschau, Danzig und Kattowitz mittlerweile Offenheit für die Umwertung aller Werte und linksliberales Agenda Setting hergestellt worden?
In der Tat. Auch in Polen hat bei vielen jungen Menschen die Umwertung aller Werte in voller Wucht eingesetzt, und es steht stark zu befürchten, dass jene Serie ein weiteres dazutun wird, einen Autor, der bislang immer einer der Kronzeugen des europäischen Konservatismus war, in sein genaues Gegenteil umzudeuten und zu einer Galionsfigur des Wokismus werden zu lassen, so dass jene Jugendlichen, welche nur über die entsprechenden Verfilmungen mit dem Material vertraut sind, vollständig am echten Geist Tolkiens vorbeigehen bzw. diesen dann, wenn sie seine Werke tatsächlich einmal lesen sollten, aus der Brille des vorher medial Konsumierten interpretieren und verkennen – eine echte Katastrophe, die nicht zufällig an die folgende Voraussage Orwells in 1984 erinnert: »Die gesamte Literatur der Vergangenheit wird zerstört sein. Chaucer, Shakespeare, Milton, Byron – sie werden nur noch in Neusprechversionen vorhanden sein. Sie werden nicht in etwas anderes verwandelt, sondern sie werden das Gegenteil dessen sein, was sie bisher waren.«
Wieso wählt man mit dem Zweiten Zeitalter ein Szenario, das nur denjenigen vertraut ist, die das Silmarillion gelesen haben?
Ich las einmal, Amazon habe formal nur die Rechte am Herrn der Ringe erworben, wo der Fall Numenors ja mehrfach direkt und (v.a. in den Anhängen) recht explizit beschrieben wird; ganz im Gegensatz zu den Ereignissen des Ersten Zeitalters, das nur sehr vage und andeutungsweise evoziert wird. Aber ausschlaggebend war bei Amazon sicherlich der Wunsch, an die dem Zuschauer bereits bekannten Themen wie etwa die Ringe der Macht, die Reiter von Rohan oder die Hobbits anknüpfen zu können, welche man ja alle im Ersten Zeitalter Mittelerdes vergebens suchen würde.
Kann man Mittelerde überhaupt auf die Leinwand bringen?
Eine literarische Erzählung lebt immer von dem, was der reinen Imagination des Lesers überlassen bleibt, und gerade im Silmarillion trifft dies über die Maßen zu, bietet uns der Text doch nur eine sehr rudimentäre, oft geradezu chronikhafte Beschreibung der eigentlichen Handlung, so dass es der Imagination des Lesers vorbehalten bleibt, den allgemeinen literarischen Stil und die Stimmung der Erzählung kongenial auf den imaginierten konkreten Rahmen zu übertragen. Mit anderen Worten: Aus der Narration ergibt sich eine gewisse Stimmung, die der Leser dann selbsttätig, wenn auch weitgehend unbewusst auf die dekorative Gestaltung der Handlung selbst überträgt. Will man diese Dialektik nun auf einen Film übertragen, ist ein gewaltiges Maß an Fingerspitzengefühl notwendig, das, wie ich befürchte, den Schöpfern der Amazon-Serie wohl eher nicht zu unterstellen ist.
Angenommen, wir würden genügend Geld per »Fundraiser« für das Projekt sammeln – wie sähe Ihre Tolkien-Adaption aus? Wäre es eine Serie oder ein Blockbuster? In welchem Zeitalter spielt sie und wie weiß wäre die Besetzung?
Da der Herr der Ringe sowie der Hobbit in einer für mindestens eine Generation kaum zu übertreffenden Weise bereits verfilmt worden sind, bestanden wenige Alternativen. Ich persönlich hätte mir eine Verfilmung einzelner Geschichten aus dem Ersten Zeitalter gewünscht, welche die Geschichten von Beren und Luthien, von Turin Turambar oder des Falls von Gondolin behandelt hätten; Geschichten, welche von Tolkien erheblich romanhafter und detailreicher ausgearbeitet worden waren als der wesentlich im Chronikstil gehaltene Bericht über den Untergang Numenors und die recht elegant in abendfüllende, dabei aber doch zusammenhängende Episoden hätten umgewandelt werden können.
Was die Hautfarbe der Handelnden betrifft, so ist diese durch die expliziten Beschreibungen Tolkien selbst vorgegeben und, zumindest was die Elben betrifft sowie einen Großteil der Menschen, ganz offensichtlich weiß. Dies ist ja auch in Anbetracht der Tatsache nur logisch, dass Tolkien mit seiner gewaltigen literarischen Tätigkeit ursprünglich eine »Mythologie für England« schaffen wollte und die beschriebenen Regionen und Völker sehr explizit als Vorläufer derjenigen des heutigen Nordwestens Europas betrachtete. Angesichts dieser semi-historischen Zielsetzung seines Werks und der Tatsache, dass die physische Erscheinung der meisten Völker in etwa ihrer entsprechenden Situierung auch in der heutigen Welt entspricht (weiß im Nordwesten; braun in den Wüsten südlich von Gondor; schwarz in den Dschungelgegenden, aus denen die Olifanten stammen), ist es gänzlich absurd, diese Vorlage nun aus politischen Gründen multikulturell umzuformen.
Würde man in einer Verfilmung chinesischer Sagen die Hauptrollen an schwarze oder kaukasische Menschen vergeben? Freilich sollte man so konsequent sein, auch eine andere physiognomische Stilisierung der Tolkienschen Helden zu vermeiden: Dass Elben (oder Hobbits) spitze Ohren besitzen, ist nirgendwo in seinem Werk belegt, in dem Elben und Menschen nur aufgrund ihrer Schönheit voneinander unterschieden werden können …
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zu Tolkien und der neuen Serie gibt es in unserer Podcast-Episode.
Die Serie ist nur gemacht worden um die Fans zu beleidigen genau so wie die Witcher Serie. Man muss nur anschauen welche Schreiber sie für diese Serien angeheuert haben und welche Werke die bisher abgeliefert haben, denn da findet man gar nichts. Diese Leute haben keine Erfahrung und sind durch Nepotismus in ihre Position gekommen. Auch die Schauspieler sind völlig unbekannt. Es ist auch Amazon egal ob sie damit Erfolg haben, denn Amazon kriegt die Kosten für diese Serie durch einen einzigen Tag durch den Verkauf von Dildos wieder rein. Deswegen ist das Thema „Was hätte Tolkien gewollt“ und sowas nur Ablenkung. Diese Leute wollen die Fans beleidigen und genau so sollte man sie auch behandeln, auch wenn viele Leute durch einen kranken cuckolding Fetisch dazu gedrängt sein werden die Serien anzuschauen, nur um zu sehen wie hart etwas gefickt wird für das sie Gefühle haben.