»Die Eroberung des Staates«

Es gibt Schätze der Zeitgeschichte, die noch von niemandem gehoben wurden. Wir schaffen Abhilfe. Ramiro Ledesma Ramos, Gründer der nationalsyndikalistischen JONS in Spanien, legte 1931 das Manifest seiner Gruppe vor – nun endlich auf Deutsch.

Anlässlich der Veröffentlichung der Erstnummer der Zeitschrift La Conquista del Estado kann es keine andere politische und taktische Verlautbarung geben als folgendes Manifest. In den letzten Wochen wurde es unter dem gleichen Titel in ganz Spanien verbreitet.

Unser politisches Manifest

Eine eng zusammenstehende Gruppe junger Spanier ist heute bereit, auf eine genauso eingehende wie effiziente Weise in das Betätigungsfeld politischen Handelns mit einzugreifen. Sie benötigt dafür keinen anderen Auftrag als eine edelmütige und zielstrebige Sorge um die ihr Land betreffenden Lebensfragen. Zu diesem Auftrag gehört ferner die Gewähr, dass sie die Vertreter der Stimme der Zeit sind und dass ihr politisches Auftreten aus der Not der Stunde geboren wurde. Niemand kann der Behauptung aus dem Weg gehen, dass Spanien in der Gegenwart eine politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise von einer derartigen Größenordnung durchläuft, dass es förmlich danach verlangt, dass ihr die Stirn geboten, sie selbst mit dem größtmöglichen Entscheidungsmut gelöst werde. Gegenüber dieser Krise sind weder Pessimismus noch Defätismus zuzulassen. Jeder Spanier, dem es nicht gelingen sollte, sich den künftigen Geschehnissen mit der erforderlichen Größe zu stellen, ist aufgefordert, die Front zu verlassen, um einer mutigeren und standhafteren Phalanx Platz zu machen.

Die erste große Trübsal, die sich eines jeden Spaniers bemächtigt, der sich öffentlicher Verantwortung nähert, ist die, festzustellen, wie Spanien – der spanische Staat und das Volk der Spanier – seit fast drei Jahrhunderten in einer ewigen Flucht vor sich selbst sein Leben fristet: untreu seinen ureigensten Werten und ihrer Verwirklichung, und deswegen versenkt in einer derart schwerwiegenden und selbstmörderischen Selbstverneinung, dass man sagen kann: Spanien ist der geschichtlichen Verwesung nahe. Wir haben den Drang zur Universalität verloren, wir haben uns von den universellen Schicksalen abgekoppelt und besitzen weder die Fähigkeit noch den notwendigen Schneid, diejenigen fürchterlichen Kurzsichtigkeiten auszumerzen, die bisher noch jedem Versuch des Wiedererstehens vorangegangen sind.

Wir besitzen heute die denkbar günstigste Gelegenheit, eine Gelegenheit, von der jedes Volk nur träumen kann. Wir haben festgestellt, dass es den Männern der üblichen Politik einfach nicht gelingen will, sich von dem mediokren Bau des alten Staatswesens loszusagen. Zu diesen Männern gehören Monarchisten und Republikaner genauso wie die Gruppierungen, die ihnen folgen, sowie diejenigen verstreuten Bestandteile, die bis jetzt in den politisch entscheidenden Verrichtungen mit eingegriffen haben. Wir aber, die wir uns außerhalb ihrer, ihnen gegenüber und sogar jenseits von ihnen befinden, ohne jedwede Spaltung nach den Seiten, nach rechts und links hin, sondern nur bezüglich der Nähe und der Gehalte, wir beginnen eine revolutionäre Aktion, um ein radikal neues Staatswesen zu befürworten.

Die politische und gesellschaftliche Krise Spaniens hat ihren Ursprung in derselben Anschauung, die dem derzeitigen Staatswesen zugrunde liegt. Allerorten verfällt die Effizienz des liberal-bürgerlichen Staates, also desjenigen Staates, den die dem 18. Jahrhundert angehörige Französische Revolution der Welt aufgedrückt hat. Heute ringen die Völker mit der Schwierigkeit, einem neuen Staatswesen einen Weg zu eröffnen, auf dem all seine wertvollen Verwirklichungen auch möglich sind.

Wir gehen auf die politische Aktion zu im bestimmten Streben, den Schattenriss dieses neuen Staatswesens auf das Land fallen zu lassen, um es schließlich durchzusetzen. Eine solche Aufgabe erfordert vor allem die Fähigkeit, sich von den gescheiterten Mythen loszusagen. Auch erfordert sie den Willen, sich als großes Volk der doppelten Bestimmung anzuschließen, welche heute den Nationen eigentümlich ist: auf der einen Seite, vermittels unseres ureigensten Spaniertums, einen Beitrag zu leisten zum Geist der Universalität und auf der anderen Seite die Eroberung des Hebels der Technik, die Mobilisierung der wirtschaftlichen Mittel, der Sieg über die materiellen Interessen sowie die soziale Gerechtigkeit.

Die tragenden Säulen unserer Aktion werden die folgenden sein:

Oberhoheit des Staates

Der neue Staat wird aufbauend, er wird schöpferisch sein. Er wird den Platz sowohl der Einzelnen als auch der Gruppen einnehmen. Die höchste Souveränität wird nur von ihm allein ausgehen. Der Staat hat der einzige Ausleger dessen zu sein, was die Universalität der Wesenheit ausmacht. Nur innerhalb des Staates gelangen die universellen Bestandteile des Volkstums auch zu ihrer Vollkommenheit. Ebenso obliegt dem Staat die Verwirklichung aller in diesem Volk befindlichen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Werte. Wir stehen ein für die Allstaatlichkeit, d. h. für einen Staat, der alle Effizienz zu erlangen auch in der Lage ist. Die neue Staatsform hat aus dieser Allstaatlichkeit hervorzugehen sowie ihr erstes Erzeugnis zu sein. Reine Formfragen entbehren für uns zu sehr der Wichtigkeit, als dass wir uns für sie interessierten. Was wir vorhaben, ist, auf ernsthafteste und konzentrierteste Weise die politischen und gesellschaftlichen Inhalte unseres Volkes gründlich umzustürzen. Indem wir von der Oberhoheit des Staates reden, meinen wir, dass der Staat der höchste politische Wert sei und dass das größte Verbrechen gegenüber einem staatsbürgerlichen Betragen noch immer darin besteht, sich gegen den neuen Staat zu stellen. Das staatsbürgerliche Betragen, d. h. das politische Zusammenleben, ist etwas, was der Staat, und nur der Staat allein, ermöglicht. Nichts gehe über den Staat!

nationale Behauptung

Gegenüber dem Schauspiel innerer Zerwürfnis, welchem wir heute beiwohnen, erheben wir die Fahnen der nationalen Verantwortung. Durch die Annahme der ureigensten nationalen Grundlage unseres Volkes übernehmen wir die Verantwortung für Spaniens Geschichte und schreiten über zur Behauptung der spanische Kultur im Sinne eines Reichsanspruches. Kein Volk vermag etwas auszurichten ohne eine vorhergehende radikale Bekundung seiner eigenen Größe als ein von der Geschichte ausgezeichnetes Volk. Jeder Spanier soll deshalb wissen: Falls eine geologische Katastrophe die iberische Halbinsel vernichtete oder aber ein fremdes Volk uns versklavte, dann würden die auf der Welt grundlegenden Werte nicht mehr verwirklicht. Da das gegenwärtige Leben schwerer als jedes vorangegangene ist, muss man, um neuen Mut zu schöpfen, erneut diejenigen Grundgefühle aufsuchen, welche die pralle Fülle des Gemüts bewahren.

Die nationale und gesellschaftliche Richtung unseres Volkes – eines ökumenischen, eines katholischen Volkes – sei hierdurch vorgegeben: Die Welt benötigt uns, und wir, wir müssen auf unserem Posten sein.

akademische Größenbekundung

Zu großem Teil sind wir Akademiker. Für uns ist die Universität das höchste Organ, das schöpferischste Organ sowohl der Kulturwerte als auch der wissenschaftlichen Werte. Völker ohne Universität bleiben abseits aller höheren Erzeugnisse. Ohne Kultur gibt es keine geistige Spannung, wie es ohne Wissenschaft auch keine Technik gibt. Die intellektuelle Größe und die wirtschaftliche Vorrangstellung sind nicht möglich ohne eine antibürokratische Universität, in der geforscht wird.

regionale Gliederung Spaniens

Die allererste Wirklichkeit Spaniens ist nicht Madrid, sondern sind die Provinzen. Nun muss unser radikalstes Bestreben darin bestehen, den aus den Provinzen kommenden Lebenshauch gliedhaft zu verbinden. Die Mythen der Provinzen müssen ans Tageslicht gezogen, sie selbst ihrer harrenden Eroberung entgegengeschleudert werden. Ihre eigene reichste Seite muss ihnen vorgestellt werden. Aus diesem Grund wird der neue Staat die ganze und volle Autonomie der Gemeinden zulassen. Sie ist die unentbehrliche Grundlage seines eigenen Aufbaues. Da ist die große spanische Tradition der Städte, Gemeinden und Dörfer als lebendige und fruchtbare Organismen. Es gibt keine Aussicht auf einen wirtschaftlichen Triumph wie auch keine Effizienz in der Verwaltung ohne die von uns erwähnte Autonomie. Daran anschließend können sich die autonomen Gemeinden zu großen Bünden oder Regionen zusammenschließen. Ihre Begrenzung stellen wirtschaftliche oder verwaltungstechnische Erfordernisse dar, selbstredend immer unter der Oberhoheit des Staates, die, wie wir vorher bereits angedeutet haben, immer unbestreitbar und absolut sein wird. Um die regionalistische Gesinnung Spaniens (wieder) zu beleben, ist es das beste Mittel, die Regionen einer Wiedergeburt auszusetzen, deren Verwirklichung sich unter dem Schutz genauso gegenwärtiger wie fester Wirklichkeiten vollzieht.

syndikalistischer Aufbau der Wirtschaft

Die Schöpfer des liberal-bürgerlichen Staates konnten nicht ahnen, welche Wege die Wirtschaft in der Zukunft einschlagen würde. Dem Marxismus gebührt die Ehre, die erste Darstellung der Grundzüge unserer industriellen und technischen Zivilisation geliefert zu haben. Wir kämpfen gegen die Beschränktheit des marxistischen Materialismus. Wir müssen ihn überwinden, ohne aber seine Verdienste in Abrede zu stellen. Sein Verdienst ist freilich dies, ein toter Vorläufer gewesen zu sein, der bereits nach den ersten Schlägen ausgelaugt darniederlag. Die Industriewirtschaft der letzten 100 Jahre hat Kräfte und soziale Ungerechtigkeiten erschaffen, denen gegenüber der liberale Staat hilflos dasteht. Der neue Staat wird daher den syndikalistischen Aufbau der Wirtschaft durchsetzen. Dieser hat die Bewahrung der Effizienz zum Ziel. Im Gegenzug wird er danach trachten, die derzeitigen „krankhaften Oberhoheiten“ jeglicher Art zu zerstören.

Der neue Staat darf die Wirtschaft nicht dem simplen Verträgeschließen und Anstellen innerhalb des wirtschaftlichen Kräftespieles überlassen. Die Vergenossenschaftung der Wirtschaftskräfte soll Pflicht sein. Unentwegt soll sie sich an den hohen Zielen des Staates orientieren. Unentwegt soll die Erzeugung sowohl mit Pflichten belegt als auch gewährleistet werden. Dementsprechend wird es zu einer bedeutsamen Erhöhung der Arbeitsleistung kommen. Aber immer noch gibt es viel zu tun, um eine wahre und auch fruchtbare Wirtschaft zu fördern. Durch die Enteignung der Großgrundbesitzer beispielsweise wird der neue Staat dem derzeitigen genauso schrecklichen wie furchtbaren Problem der Landwirtschaft, der Landnot, den Garaus machen. Einmal verstaatlicht dürfen die enteigneten Grundstücke nicht (wieder) verteilt werden. Dies wäre nämlich nur die alte und unheilvolle liberale Lösung. Stattdessen werden sie direkt an die Bauern abgetreten, damit diese sie vermittels des Eingriffes autonomer Gemeindebehörden selbst bewirtschaften können. Der Zug hat dahin zu gehen, dass die Bewirtschaftung gemeinschaftlich erfolgt, oder aber in Form der Genossenschaft.

Aus der vorhergehenden kurzen Zusammenfassung leiten wir diese unsere Dogmatik ab, der wir bis ans Ende treu sein wollen. Es ist folgende:

  1. Alle Macht gehört dem Staat.
  2. Politische Freiheiten kann es nur im Staat geben, niemals über dem Staat und auch nicht gegenüber dem Staat.
  3. Der im Menschen enthaltene politische Hauptwert ist seine Fähigkeit zu einem staatsbürgerlichen Zusammenleben.
  4. Es ist ein Gebot unseres Zeitalters, den Marxismus radikal, sowohl theoretisch als auch praktisch, zu überwinden.
  5. Der kommunistischen Gesellschaft und dem kommunistischen Staat stellen wir die Werte der Hierarchie entgegen, den nationalen Gedanken sowie die wirtschaftliche Effizienz.
  6. Einstehen für die hispanischen Werte.
  7. Ausbreitung unserer Kultur in Form reichsmäßiger Vergrößerung.
  8. Wahre Erzeugung der spanischen Universität. Von der Universität gehen die ideologischen Oberhoheiten aus. Diese sind das innerste Geheimnis der Wissenschaft und Technik. Zu ihnen gehören ebenfalls die feinsten Schwingungen der Kultur. Hier ist der Ort, unserem Ideal, der Befürwortung einer Universität, die großartig ist, Nachdruck zu verleihen.
  9. Erhebung der Massen vermittels ihrer Bildung; zu diesem Zweck Benutzung der Erfolg versprechendsten Mittel.
  10. Ausmerzen lokaler Unruheherde, die ihren Bestrebungen die Richtung auf eine politische Autonomie geben. Die großen Regionen oder Regionalbünde hingegen, welche auf die Anregung der Gemeinden zurückgehen, verdienen alle Aufmerksamkeit. Wir fördern die lebenskräftige und gegenwärtige Landschaft.
  11. Volle und ganze Autonomie der Gemeinden bezüglich derjenigen Verrichtungen, zu denen sie, weil sie ureigen und angestammt sind, befugt sind. Dazu gehören Verrichtungen wirtschaftlicher und verwaltungstechnischer Art.
  12. Syndikalistischer Aufbau der Wirtschaft. Wirtschaftspolitik gemäß Sacherfordernis.
  13. Förderung der Arbeit.
  14. Enteignung des Großgrundbesitzes. Die enteigneten Grundstücke werden verstaatlicht, um an die Gemeinden sowie an die syndikalistischen Behörden der Bauern übergeben zu werden.
  15. Soziale Gerechtigkeit und soziale Verpflichtung.
  16. Kampf gegen den heuchlerischen Genfer Pazifismus. Behauptung Spaniens als einer internationalen Macht.
  17. Widmung einzig und allein der revolutionären Aktion, bis in Spanien der neue Staat triumphal Einzug hält. Methode der direkten Aktion gegen den alten Staat sowie gegen die alten politischen Gruppierungen des alten Regimentes.

unsere Organisation

Wir sind mit dem Auftrag der revolutionären Effizienz zur Welt gekommen. Wir wollen deshalb keine Wählerstimmen, sondern kühne und wertvolle Minderheiten. Was wir wollen, sind junge kämpferische Mannschaften, ohne Heuchelei gegenüber dem Gewehr sowie den Pflichten des Krieges. Wir wollen zivile Militärs, die den bürgerlichen zeitwidrigen Panzer eines pazifistischen Militarismus zum Einsturz bringen. Wir wollen den militärisch gesinnten Politiker der Verantwortung und des Kampfes.

Unsere Organisation wird sich aus syndikalistischen und politischen Zellen aufbauen. Erstere werden aus zehn Einzelnen bestehen, die, wie der Name schon sagt, zu einem selben Berufsstand oder zu einer selben Genossenschaft gehören. Zweite bestehen aus fünf Einzelnen unterschiedlichen Berufes. Beide, syndikalistische wie politische Zellen, sind die letzte mit Stimme und Macht ausgestattete Untereinheit der Partei. Um in eine dieser Zellen eintreten zu dürfen, ist es erforderlich, zwischen dem 18. und dem 45. Lebensjahr zu stehen. Ältere Spanier können in unseren Phalangen nicht aktiv mitwirken. In ganz Spanien hat die Organisation dieser syndikalistischen und politischen Zellen ab jetzt zu beginnen. Sie werden die Grundbestandteile unserer Aktion sein. Der Verbindungspunkt ist die zuvor dargelegte Dogmatik. Die Annahme dieser Dogmatik als Ganzes sowie ihr Verständnis sind Pflicht, soll es darum gehen, aktiver Bestandteil unserer politischen Kraft zu sein. Heute beginnen wir mit der Veröffentlichung unserer Zeitschrift, die zuerst wöchentlich erscheinen soll. Eine vorgesehene tägliche Erscheinungsweise soll so schnell wie möglich stattfinden.

Beitrittserklärungen sowie Anforderungen detaillierter Erklärungen haben sich an den Vorsitzenden zu richten, die Anschrift ist die unserer Büroräume: Avenida de Dato, 7, Stock D, Madrid. Gut leserlich sollen angeführt werden: Name, Alter, Beruf, Wohnsitz.

Das für die Organisation zuständige Komitee:
der Vorsitzende Ramiro Ledesma Ramos, Ernesto Giménez Caballero, Ricardo de Jaspe, Manuel Souto Vilas, Antonio Bermúdez Cañete, Francisco Mateos González, Alejandro M. Raimúndez, Ramón Iglesias Parga, Antonio Riaño Lanzarote, Roberto Escribano Ortega, Sekretär: Juan Aparicio López.

(Autor: Ramiro Ledesma Ramos; Übersetzer: Carlos Wefers Verástegui)

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